Teilprojekte - Querschnittsdimensionen

 

PROJEKTBESCHREIBUNG

Das Projekt "Von der Agrarwende zur Konsumwende?" untersucht, inwieweit die Agrarwende von einer entsprechenden Veränderung des Ernährungsverhaltens der Konsumenten gestützt wird, welche Faktoren diesen Zusammenhang beeinflussen und wie er optimiert werden kann.
Zu diesem Zweck untersucht es die Effekte der im Rahmen der Agrarwende ergriffenen Maßnahmen entlang der Akteurskette (Erzeugung, Verarbeitung, Handel, Ernährungsberatung, Verbraucher), bewertet sie unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und erarbeitet entsprechende Gestaltungsempfehlungen zur Überwindung der identifizierten Hemmnisse.
Empirisch stützt sich das Projekt auf regionale und großstädtische Fallstudien sowie auf bundesweite Erhebungen.
Organisatorisch wird es durch fünf akteursspezifische Teilprojekte, vier Quer-schnittsdimensionen (theoretisches Rahmenkonzept, regional spezifizierte Kriterien nachhaltigen Konsums, Brückenkonzepte auf der Akteursebene, Genderaspekte im Feld der Agrar- und Konsumwende) und sieben Integrations-workshops verzahnt. Die Koordination des Gesamtprojekts liegt bei der MPS.

Das Projekt wird vom BMBF gefördert und läuft seit dem 1.11.2002 bis zum 31.10.2005.


Geplant sind Veröffentlichungen und Akteursempfehlungen zur Optimierung der Verknüpfung von Agrar- und Konsumwende.

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TEILPROJEKTE

TP1 - TP2 - TP3 - TP4 - TP5

Teilprojekt 1: Erzeugung
Bewertungskriterien und Entwicklungsszenarien für eine nachhaltige Nahrungserzeugung - regionale Fallstudien
Zielsetzung von Teilprojekt 1 ist es, die Auswirkungen der Agrarwende auf Erzeugerebene zu untersuchen und diese unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu bewerten. Daraus sollen Handlungsempfehlungen für Politik und Wissenschaft im Hinblick auf die Unterstützung nachhaltiger Produktionsweisen abgeleitet werden.
Im Mittelpunkt steht dabei die Erstellung regionaler Fallstudien in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, zwei Regionen mit relativ hohem Anteil an ökologischem Landbau, jedoch sehr unterschiedlichen Agrarstrukturen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese Kontrastregionen wurden bewusst gewählt, um unterschiedliche Entwicklungstendenzen verdeutlichen zu können.
Ausgehend von dem Ziel der Agrarwende, die Landwirtschaft in Deutschland nachhaltiger zu gestalten und dafür die ökologisch bewirtschaftete Fläche auf 20 % auszudehnen, ergeben sich die folgenden Forschungsfragen:

• Welche Faktoren bestimmen die Bereitschaft der Landwirte, auf ökologischen Landbau umzustellen?
• Welche Effekte der Agrarwende im Hinblick auf die Umstellungsbereitschaft und
-motivation lassen sich feststellen?
• Welche Entwicklungstendenzen/ -szenarien lassen sich daraus ableiten?
• Wie sehen Optimierungsstrategien im Hinblick auf eine „nachhaltige Umstellungsmotivation“ aus, um zu gewährleisten, dass die Ausweitung des Öko-Landbaus nicht nur quantitativ erfolgt, sondern auch Nachhaltigkeitskriterien entspricht.



Aufgrund der überragenden Bedeutung, die die Bereitschaft von Landwirten auf Öko-Landbau umzustellen für dessen Entwicklungspotential spielt, wurde dieser Aspekt in den Mittelpunkt der Untersuchung gestellt. Von besonderem Interesse erscheint hierbei wiederum der Zusammenhang zwischen persönlicher Motivation und soziokulturellen Netzwerken, da dieser bisher kaum untersucht wurde.
Hinsichtlich der Bewertungskriterien für eine regionale und nachhaltige Nahrungsproduktion besteht der größte Mangel im Bereich der sozialen Dimension. Als konsequente Umsetzung dieser Erkenntnis steht dies im Mittelpunkt der empirischen Untersuchungen.

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Teilprojekt 2: Verarbeitung und Handel
Nachhaltige Agrarpolitik und Unternehmensstrategien: zur Rezeption politischer Steuerungsimpulse auf betriebswirtschaftlicher Ebene
Zentrale Fragestellung ist die Wahrnehmung der Agrarwende durch Verarbeitungs- und Handelsunternehmen und die daraus resultierenden Marketingstrategien.
Ziel ist es, durch Identifikation von Einflussfaktoren auf die jeweilige Strategiewahl der Unternehmen aufzuzeigen, welche Einflussmöglichkeiten und Steuerungsmechanismen bestehen, um zu einer Ausweitung der Konsumwende beizutragen.

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Teilprojekt 3: Ernährungsökologische Bewertung
Ernährungsökologische Bewertung von stark verarbeitetenÖko-Lebensmittel (Öko-Convenience-Produkte)

Es wird eine Bewertung von stark verarbeiteten Öko-Lebensmitteln entsprechend den Kriterien der Ernährungsökologie bezüglich ihrer gesundheitlichen, ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Effekte vorgenommen.

Hintergrund
In der aktuellen Konsumentenforschung wird die zunehmende Convenience-Orientierung von VerbraucherInnen - auch im Ökobereich - als wesentlicher Trend beschrieben, der durch soziodemographische Entwicklungen (z. B. steigende Erwerbstätigkeit von Frauen) und Zeitgewinn für die Freizeit gestützt wird. Folglich stellen sich Fragen nach einer umfassenden Bewertung von stark verarbeiteten Öko-Produkten, beispielsweise bezüglich Zutaten, Zusatz- und Hilfsstoffen, sowie technologischer Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren, bis hin zu Fragen der Verpackung. Mit zunehmender Verarbeitungsintensität können z.B. aufgrund verstärkter Verarbeitungsschritte, vermehrter Transporte sowie aufwändigerer Verpackungen die ökologischen Belastungen steigen. Durch neu entstehende Arbeitsplätze oder z.B. regionale Wertschöpfung hat die Lebensmittelverarbeitung auch gesellschaftliche und ökonomische Auswirkungen.

Geplante Vorgehensweise
Die Bewertung der Verarbeitung von Öko-Lebensmitteln wird auf den vier Ebenen der Ernährungsökologie (Gesundheit, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft) vorgenommen. Für diese Ebenen ergeben sich folgende mögliche Fragestellungen:

Auf der Ebene Gesundheit wird das Herstellungsverfahren bzw. das Endprodukt untersucht.
- Wie sind die ausgewählten Lebensmittel bezüglich einer ausreichenden Zufuhr essentieller Nährstoffe, einer minimalen Zufuhr von Risikofaktoren bzw. einer Prävention von ernährungsabhängigen Erkrankungen zu bewerten?

Auf der Ebene Umwelt werden die Auswirkungen des Herstellungsverfahrens bzw. des Endprodukts auf verschiedene ausgewählte Umweltaspekte betrachtet.
- Welche Umweltwirkungen haben die eingesetzten Technologien?
- Welcher Umweltverbrauch ist mit dem Produkt verbunden?

Auf der Ebene Gesellschaft werden die Effekte des Herstellungsverfahrens bzw. des Endprodukts mit Fokus auf Dritte betrachtet. Mögliche Aspekte sind:
- Beziehen die Hersteller von Öko-Convenience-Lebensmitteln Zutaten aus Fairem Handel oder aus sozialen Einrichtungen?
- Setzen sich die Hersteller für die Umsetzung sozialer Aspekte in ihrem Unternehmen ein (z.B. Gesundheitsschutz, Kindertagesstätten,...)?

Es werden wirtschaftliche Auswirkungen der Herstellung von hochverarbeiteten Öko-Lebensmitteln auf das Unternehmen, die Region oder auf Dritte untersucht.
- Werden durch die Herstellung Arbeitsplätze geschaffen?
- Welche Wertschöpfung kann durch diese Produkte erzielt werden ?
- Welche ökonomischen Effekte hat die Verarbeitung auf die Region?

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Teilprojekt 4: Ernährungsberatung
Innovative Ansätze für die Ernährungsberatung
Ziel von Teilprojekt 4 ist es, Handlungsoptionen für die Ernährungsberatung zu entwickeln, um eine nachhaltige Ernährungsweise bei der Bevölkerung zu fördern. Dabei sollen insbesondere neue, innovative Wege der Verbraucherberatung aufgezeigt werden, die sich an den Bedürfnissen, Handlungsmöglichkeiten, Rationalitäten und Lebensstilen der geschlechts-, alters- und milieuspezifischen Zielgruppen orientieren.
Ausgangspunkt dieses Teils des Forschungsvorhabens bildet eine Bestandsaufnahme der Beratungsangebote mit Blick auf die Förderung nachhaltiger Ernährungsmuster. Gegenstand der Erhebung sind Institutionen und Initiativen in Deutschland, Bayern und München, die Ernährungsinformationen anbieten.
Das zu untersuchende Angebot wird hinsichtlich der angesprochenen Zielgruppen, der inhaltlichen Aussagen bezüglich nachhaltiger Ernährung, der eingesetzten Kommunikationsformen und der Rahmenbedingungen analysiert. Dabei stehen mögliche Veränderungen des Angebots im Rahmen der intendierten Agrar- und Konsumwende im Mittelpunkt.
Ausgehend von den Befunden der Bestandsaufnahme der Ernährungsberatung und den Untersuchungsergebnissen zum Ernährungs- und Konsumverhalten der VerbraucherInnen (Teilprojekt 5) sollen in den weiteren Arbeitsschritten Handlungskonzepte für innovative Beratungsmaßnahmen im Hinblick auf nachhaltige Ernährungsmuster entwickelt werden. Dabei sollen im Rahmen unterschiedlicher Entwicklungsszenarien Gestaltungsoptionen für neue Wege in der Ernährungsberatung aufgezeigt werden.
Da solche Maßnahmen nur erfolgreich sein können, wenn sie sich an den verschiedenen Bedürfnissen, Handlungsmöglichkeiten, Rationalitäten und Lebensstilen der geschlechts-, alters- und milieuspezifischen Zielgruppen orientieren, werden als Optimierungsstrategien nicht primär generalisierende Maßnahmen, sondern vor allem variable Einzelbausteine konzipiert, die an die jeweiligen Situationen vor Ort angepasst werden können (Baukastenprinzip).
Ein konkretes Umsetzungsmodell für die Verbreitung nachhaltiger Ernährungsmuster ist die interaktive Verbraucherkampagne „futureins - NRW wird zukunftsfähig“. Diese wird von der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen im Auftrag der Landesregierung durchgeführt. Durch ausgewählte Kommunikationsstrategien und teilweise gezielte Interventionen auf den Stufen der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln sollen Aufmerksamkeit für die jeweiligen Themen und erwünschte Veränderungsprozesse beim Kaufverhalten der Verbraucher/-innen in Richtung nachhaltige Ernährung ausgelöst werden.
Auf Grundlage der begleitenden Untersuchung und Bewertung dieser Kampagne und anderer innovativer Ansätze der Ernährungsberatung soll daraufhin – in Kooperation mit Praxisvertretern – der Versuch unternommen werden, sie zu neuen kontext- und zielgruppenspezifischen Beratungsmodellen zu verknüpfen und geeignete institutionelle Optimierungsstrategien zu entwickeln.

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Teilprojekt 5: VerbraucherInnen
Agrarwende und neue Ernährungsmuster. "Karrieren" nachhaltigen Konsums - lokale Fallstudien
Im Zentrum der Analyse stehen Veränderungspotenziale des Ernährungs-verhaltens auf Verbraucherseite, wie sie sich im Zuge der Agrarwende herauskristallisieren. Auf der Grundlage von zwei empirischen, großstädtischen Fallstudien (München und Leipzig) soll geklärt werden, inwieweit die „Agrarwende“ auf Seiten der KonsumentInnen (private Haushalte) eine am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung orientierte Veränderung des Ernährungsverhaltens und –handelns bewirkt. Dabei sollen typische "nachhaltige Ernährungskarrieren" identifiziert werden, die die Möglichkeiten bieten, Anknüpfungspunkte und Optimierungsstrategien für eine Konsumwende zu entwickeln (Weitere Infos auf MPS-Homepage: Projekt Agrarwende nähere Beschreibung/Verlauf von Modul 5).
In qualitativen und quantitativen Befragungen werden sowohl hemmende Faktoren wie positive Anknüpfungspunkte herausgearbeitet. Das betrifft einerseits Aspekte des Ernährungswissens, der Wahrnehmung und Bewertung der „Agrarwende“, die Verknüpfung von Zielen der Agrarwende mit subjektiven Qualitätskriterien und symbolische Strategien der Herstellung von Sicherheits-Fiktionen. Das betrifft andererseits die Einbettung des Ernährungsverhaltens in alltägliche Formen der Lebensführung, seine Verknüpfung mit Symbolisierungs- und Distinktionsaspekten – oder auch mit biographischen Wendepunkten (Schwangerschaft und Geburt von Kindern, Krankheiten, Aufnahme von Partnerschaften/Haushaltsgründung, „viertes Alter“/Ruhestand“ etc.), aber auch die Wahrnehmung von strukturellen Faktoren wie Angebotsstruktur, Preisrelationen, Haushaltsökonomie etc.. Gestützt auf die empirischen Befunde sollen dann – z.T. in Kooperation mit Institutionen der Verbraucherberatung – mit Hilfe von Fokusgruppendiskussionen unterschiedliche Szenarien für praktische Anknüpfungspunkte einer Ernährungs- und Konsumwende entwickelt werden.

Nähere Forschungsziele:
• Aufarbeitung der Forschung zur Strukturierung von Ernährungsmustern, insbesondere mit Blick auf alltagsweltliche und geschlechtsspezifische Prägungen, den strukturellen Kontext von Konsumtrends und Formen des alltagsweltlichen Umgangs mit ernährungsbezogenen Risikodiskursen (BSE etc.),
• Analyse der Effekte (auch der nicht-intendierten Folgen) und Handlungs-möglichkeiten, welche im Kontext der Agrarwende auf Seiten der KonsumentInnen entstehen,
• nähere Herausarbeitung der Anknüpfungspunkte und hemmenden Faktoren auf der Wahrnehmungsebene (Wissen und Einschätzung der Agrarwende), Handlungsebene (bisher erfolgte Ernährungsumstellungen) und Strukturebene (weiterhin bestehende Hemmnisse und deren Abbau),
• die Erforschung von sich entwickelnden "Karrieren nachhaltigen Konsums" in Ernährungsfragen sowie die Eruierung von Transformationsprozessen auf der biographisch-individuellen Ebene,
• Identifikation von Gestaltungsmöglichkeiten und strukturellen Hemmnissen für eine am Leitbild der Nachhaltigkeit orientierte Transformation des Ernährungsverhaltens;
• in Kooperation mit den anderen Projektpartnern Erarbeitung von Optimierungsvorschlägen für eine Stärkung sozial-ökologischer Transformation im Ernährungsbereich und die Erschließung neuer KonsumentInnen-Gruppen – auch für die Verbraucherberatung.
• Zusätzlich sollen in Kooperation mit den anderen Arbeitspaketen die sich wandelnden Ziele, Interessen, Motivationen, Stabilisierungen und Barrieren für eine Verknüpfung von Agrar- und Konsumwende über die Akteurskette hinweg herausgearbeitet werden.

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QUERSCHNITTSDIMENSIONEN

Querschnittsdimension 1
Weiterentwicklung des sozial-ökologischen Rahmenkonzepts mithilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie
Mithilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie werden die im Rahmen der Agrarwende stattfindenden Transformationen bestehender Akteurskonstellationen analysiert. Damit wird zugleich eine konzeptionelle Vertiefung des Rahmenkonzepts der sozial-ökologischen Forschung angestrebt.

Querschnittsdimension 2
Entwicklung integrativer, regional spezifizierter
Bewertungskriterien nachhaltigen Konsums

Die quantitative Ausweitung des Ökolandbaus oder auch die regionale Vermarktung sind nicht per se schon nachhaltig. Es bedarf vielmehr einer regional differenzierten Analyse, um entsprechende Nachhaltigkeitskriterien zu entwickeln. Das geschieht parallel zum Fortgang des Projekts durch die Verknüpfung verschiedener fachlicher Perspektiven und Teilergebnisse.

Querschnittsdimension 3
„Brückenkonzepte“ zwischen den einzelnen
Akteursgruppen

Hier steht die Analyse von alltagsweltlichen Brückenkonzepten, d. h. von Begriffen, Metaphern, Symbolen und Bildern im Vordergrund, die die Kommunikation zwischen den Akteursgruppen steuern. Ausgangspunkt ist die These, dass die intendierte Agrarwende nur dann durch eine Konsumwende gestützt wird, wenn sich auch neue Brückenkonzepte einer nachhaltigen Produktionsform von Lebensmitteln durchsetzen.

Querschnittsdimension 4
Geschlechterverhältnisse, Agrar- und Konsumwende
Es werden die zugrunde liegenden Geschlechterverhältnisse untersucht, welche die Chancen mitbestimmen, von der politisch initiierten „Agrarwende“ zu einer auch kulturellen „Konsumwende“ zu gelangen. So treten Frauen an allen Punkten der Akteurskette in spezifischer Weise als kompetente Entscheiderinnen auf. Gleichzeitig schlagen sich Veränderungen der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte immer auch in den Geschlechterverhältnissen nieder.

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